2022 begab ich mich auf die bis dahin längste zusammenhängende Zugfahrt meines Lebens: Freiberg-Madrid in 31:04h. Dabei machte ich auch Station in den Skigebieten der Pyrenäen. Im dritten Teil dieser Blogreihe schlagen wir uns durch Paris vom Ostbahnhof zum Bahnhof Paris-Austerlitz, wo die Nachtzüge abfahren. Wo Du genau lang gehen musst und ob das Ganze ein Rennen gegen die Zeit ist, das erfährst Du hier!
Etappen-Überblick
Teil 1: Leipzig-Frankfurt (Anreise nach Frankfurt)
Teil 3: Bahnhofswechsel in Paris
Fahrkarten für die Pariser Metro/Interrail
Die Fahrkarten kaufst Du am besten live am Ticketautomaten vor der Metro. Ist etwas unentspannt, aber die beste Lösung. Wir haben unsere Fahrkarten im TGV von Frankfurt nach Paris gekauft, davon rate ich aber dringend ab. Den Grund dafür erfährst Du später.
Metroticket gekauft im TGV
Interrail gilt leider nicht in öffentlichen Nahverkehrsmitteln in den Innenstädten. Wäre eine tolle Idee, die aber (noch) nicht Realität ist.
Interrail-Pässe für die Anreise und die Weiterfahrt im Nachtzug gibt es hier: https://rail.shop/interrail
Paris und seine Bahnhöfe
Wie schon im letzten Blog angedeutet hat Paris, anders als fast alle großen Städte in Europa, keinen Hauptbahnhof. Ein Fakt, den ich immer wieder zutiefst bedauere. Stattdessen kommen die Züge in Paris an sage und schreibe 6 (!) Kopfbahnhöfen an, davon 5 mit relevantem Fernerkehr. Diese sind:
Paris-Est: TGV nach Deutschland, Straßburg. Nachtzug nach München/Wien
Paris-Nord: Thalys nach Deutschland/BeNeLux, Eurostar nach London, TGV nach Lille
Paris-Gare de Lyon: TGV in die Schweiz, nach Lyon/Marseille/Cote d´Azur/Barcelona
Paris-Montparnasse: TGV nach Bordeaux/Nantes/Toulouse
Paris-Austerlitz: alle Nachtzüge ab Paris, keine TGV
In Zukunft gibt es sogar Ideen, auch noch TGV von Austerlitz abfahren zu lassen, was das Chaos (wie ich finde) noch größer machen würde. Aber bleiben wir beim heutigen Tag.
Paris-Est (Ostbahnhof)
Wir sollen hier planmäßig 2041Uhr aus Frankfurt ankommen, das ist der letzte direkte TGV aus F´furt. Unser Nachtzug Richtung Latour de Carol (Pyrenäen) fährt 2151Uhr in Paris-Austerlitz ab. Wir haben also 1h10 Zeit, um die ca. 4Km Luftlinie zurückzulegen. Google Maps schlägt einen Fußweg von 4,3km in 54 Minuten vor, wir entscheiden uns aber dagegen.
Ankunft mit dem TGV in Paris-Est
Wir kommen mit genau 10 min Verspätung in Paris an, was untypisch ist. So bleiben noch genau 60 Minuten für den Wechsel. Zudem sitzen wir ganz hinten im Zug und oben. Weil wir uns nicht beeilen, brauchen wir eine halbe Ewigkeit, um den TGV zu verlassen. Aber ich möchte die Zeitleiste für diesen Blog so realistisch und "idiotensicher" wie möglich gestalten, also ist das gar nicht schlimm.
20:51:50 Uhr - Ankunft in Paris-Est
20:55 Uhr - wir haben den Zug verlassen
20:58 Uhr – wir Erreichen das Ende des Bahnsteigs (Kopfbahnhof)
Wenn Du Zeit sparen willst, kannst Du Dich also auf jeden Fall schon im Zug vor die Tür stellen, und am besten schon ganz nach vorn laufen im Zug. (Achtung: der TGV ist nur auf der oberen Etage durchgängig). Damit sparst Du sichere 5 Minuten!
Beachte, dass man am Ende des Bahnsteiges eine Bahnsteigsperre passieren musst. Zwar wird hier nichts kontrolliert, aber die Menschenmassen stauen sich unter Umständen.
Bahnsteigsperre in Paris-Est
Wir sind im Bahnhof angelagt. Ich übernehme die Navigation für mich, meinen Kumpel Niclas und Vika, die aus der Ukraine kommt und im TGV neben uns saß. Sie hatte erzählt, dass sie auch nach Madrid will, worauf ich ihr sagte, dass sie uns dafür am besten folgt. Denn wer zum ersten Mal in Paris ist, für den ist dieser Umstieg wirklich gemein!
Direkt nach dem Bahnsteig prangen Schilder, die zur orangenen Metro "5" Richtung "Place d´Italie" weisen. Wir folgen diesen Schildern und können den Eingang quasi gar nicht verfehlen.
Ausschilderung zur orangenen Metro 5 Richtung "Place d´Italie"
Ausschilderung zur orangenen Metro 5 Richtung "Place d´Italie"
Ausschilderung zur orangenen Metro 5 Richtung "Place d´Italie"
Ausschilderung zur orangenen Metro 5 Richtung "Place d´Italie"
21:03:30 Uhr – Eingang Drehkreuz der Metrostation
Bis hierher muss man auch (Roll)treppen überwinden. Wenn man also nach unten geht, macht man schonmal nichts falsch.
Eingang zur Metrostation
Doch nun werden wir böse überrascht: weder meines, noch Niclas´ Ticket funktionieren am Drehkreuz. Vika hat sowieso noch keins. Ein neues kaufen? Sehe ich nicht ein! Noch zumal die Schlange mega lang ist. Und Geld hatten wir ja eigentlich bezahlt... In solchen Momenten bin ich schmerzfrei und beschließe promt, einfach über die Stange zu klettern. Das funktioniert problemlos, Niclas und Vika hinter mir her. Ein paar Tage später erfahre ich von einem Mitarbeiter, dass die Tickets, die man im TGV kaufen kann, leider nie (!) funktionieren. Er weiß nicht warum, aber er wird Erfahrung haben. Noch dazu kosten sie 2,50EUR statt 1,90EUR (Stand: 2022). Kaufe Deine Karte also am besten am Eingang und halte vielleicht 2EUR passend bereit, damit tut man sich am Automat sicher einen Gefallen.
Über ein paar Treppen erreichen wir den richtigen Bahnsteig:
Gegen 21:06 Uhr - Ankunft am Bahnsteig der Metro
Die Metro in diese Richtung fährt im 5-Minuten-Takt. Ganz praktisch, trotzdem müssen wir an diesem Abend die vollen 5 Minuten warten. Ein Grund mehr, warum dieser Blog am Ende die "maximale Umstiegszeit" ansagen wird ;)
Metrostation der Linie 5 "Gare de l´Est"
5 min Wartezeit auf die Metro
21:11 Uhr - Wir steigen in die Metro ein.
Acht Haltestellen fahren wir bis Paris-Austerlitz oder: "Gare d`Austerlitz" Google Maps sagt 12 Minuten, ich schaue auf die Uhr und stelle fest, dass wir nur ca. 10 Minuten fahren. Anders als der Bahnsteig ist die Metro an diesem späten Abend doch noch recht voll. Ich stelle fest, dass viele Leute hier eine andere Herkunft haben. Ein afrikanischer Mann geht umher, bettelt, und nuschelt dabei. Ich verstehe bei genauem Hinhören, dass er sagt, er habe seit Langem nichts gegessen. Ich gebe ihm eine Banane. Vika gibt ihm ohne großes Zögern 5 Euro. Wow! Geflüchtete helfen Geflüchteten, ich bin beeindruckt! Ein denkwürdiger Abend!
Unsere Metro überquert die Seine, die Metro fährt nämlich teilweise überirdisch. Beim Foto ist ein Brückengestelle-Metallteil im Weg.
In der Metro auf dem Weg von Paris-Est nach Paris-Austerlitz
8 Haltestellen zwischen Paris-Est nach Paris-Austerlitz
Wir überqueren die Seine mit der Metro
21:21 Uhr - Ausstieg aus der Metro
Nachdem wir die Metro verlassen haben, müssen wir wieder ein Drehkreuz passieren. Jetzt ist es noch ein kurzer Fußweg zum Bahnhof und den Gleisen.
Metrostation des Bahnhofs "Paris-Austerlitz"
Metrostation des Bahnhofs "Paris-Austerlitz"
Metrostation des Bahnhofs "Paris-Austerlitz"
Den Weg findet man einfach. Wir müssen kurz nach draußen gehen, es regnet. Nach wenigen Minuten gehen wir durch das "Bienvenue" ("Willkommen") – Tor des Bahhofs.
Zu Fuß zum Eingang des Bahnhofs Austerlitz
Paris-Austerlitz
21:28 Uhr – Ankunft am Bahnhof Austerlitz (Fernverkehr)
Der Name des Bahnhofs erinnert an die Stadt Austerlitz (im heutigen Tschechien), in der Napoleon im Jahr 1805 die Dreikaiserschlacht gewann. Aktuell befindet sich der Bahnhof im Umbau. Von außen sieht man ein recht historisches Bahnhofsgebäude, innen scheinen die antiken Hallen eher Neubauten zu weichen. Wir betreten eine noch recht alte Empfangshalle, aber spätestens zu den Bahnsteigen hin sieht alles eher nach Betonguss aus.
Alte Empfangshalle in Paris-Austerlitz
Wartesaal in Paris-Austerlitz
Unser Zug steht schon an der Anzeige. Er fährt den ersten Teil der Strecke gemeinsam mit dem Zug nach Portbou (via Perpignan). 20 Minuten später fährt noch der Nachtzug nach Toulouse.
Vika hat natürlich noch keine Fahrkarte und so versuche ich erstmal noch, ihr zu helfen. Ich erkläre ihr, dass sie am besten den Nachtzug nach Port Bou nehmen soll, da sie damit 2h früher in Madrid ist, als wenn sie (wie wir) über die Pyrenäen fahren würde. Wir wenden uns an die ersten SNCF-Mitarbeiter, die wir finden können. Diese sind sehr freundlich und helfen ihr beim Fahrkartenkauf. Auch hier scheint es wie in Deutschland ein Programm zu geben, dass Menschen aus der Ukraine in diesen Tagen kostenlos mit der Bahn fahren dürfen. Die Reiseziel-Erklärung für Vika hatte ich fix in Französisch gemacht, danach übergebe ich an das Bahnpersonal. Wir gehen unterdessen zum Gleis 5, wo der Zug fahren soll. Der Schaffner meinte, wir sollten uns beeilen, den er würde ja schon da stehen und der "Check-In" sei schon geöffnet. Wir passieren einige Baugerüste und kommen dann in den "modernen" Teil des Bahnhofes. Dort erwartet uns eine lange Schlange vor dem Nachtzug. Man muss hier nämlich anscheinend vorher seine Fahrkarte zeigen, bevor man zum Zug darf. Typisch Frankreich.
Baugerüste im Austerlitz-Bahnhof
Die Warteschlange für den Nachtzug kommt in Sicht
Moderner Teil des Bahnhofs Paris-Austerlitz
21:32 Uhr – Anstehen an der Schlange am Bahnsteig
Wir sind vorn an der Kontrolle angekommen
Ich bin jetzt aber beruhigt, denn stehen lassen werden sie hier sicher niemanden. Wir müssen ein paar Minuten anstehen. Kommt man hier kurz vor knapp, ist das sicher unentspannt, aber eine offizielle "Boarding-Time" gibt es soweit ich weiß nicht. Bei TGV-Zügen ist immer angegeben, dass die Türen angeblich 2 min vor Abfahrt schließen. Das stimmt zwar nicht, aber darauf würde ich es vielleicht auch beim Nachtzug nicht ankommen lassen.
Ich blicke zurück auf die Schlange am Anfang des Bahnsteigs
Unser Nachtzug nach Latour de Carol in die Pyrenäen
Zusammenfassung
Insgesamt haben wir also 41 Minuten gebraucht. Beim ersten Versuch. Mit viel Zeit lassen, und maximaler Wartezeit an der Metro. 5 Minuten kann man noch in Paris-Est rausholen, wenn man im Zug als erster aussteigt. Weitere 5 Minuten mit aktivem Rennen. Weniger als 30 Minuten würde ich aber für diesen Umstieg nicht einplanen!
Ausblick
Leider gibt es keine offiziellen Planungen, in Paris einen Hauptbahnhof für alle Züge zu bauen. Ich finde, das wäre bitter notwendig und würde viele Umstiege deutlich einfacher machen und das Zugfahren in und durch Frankreich um einiges angenehmer. So könnten dann z. B. auch durchgende Verbindungen von Deutschland in andere Städte Frankreichs angeboten werden. Daher habe ich mir selbst einmal Gedanken darüber gemacht und sie in diesem Projekt zusammengestellt.
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Für mich geht es in dieser Nacht weiter nach Latour de Carol in die Pyrenäen. Wie Nachtzug-Fahren in Frankreich so ist, das erfährst Du im vierten und letzten Teil dieser Blogreihe!
Posted 1 year ago
Tobi
Traveller
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