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florian
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Posted 11 years ago

Hallo zusammen,
wollte mich mal über eure Erfahrungen mit Europas Hochgeschwindigkeitszügen austauschen. Was sind eure Erfahrungen mit Europas Hochgeschwindigkeitszügen? Welches Land favorisiert ihr?

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florian
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replied 11 years ago

Ich finde in Sachen Hochgeschwindigkeit hat Deutschland erheblichen Nachholbedarf. Hierzulande zuckelt der ICE auf vielen Strecken wie ein Regionalexpress dahin. Ein Beispiel hierfür ist die Strecke Paris-Frankfurt. Während der ICE auf französischen Boden 320km/h fährt, wird dieser Zug auf deutschen Boden auf Langsamfahrstrecken zur Strecke gebracht. So ist die Fahrtzeit von Saarbrücken nach Paris kürzer als nach Frankfurt.
Insgesamt hat Deutschland meiner Meinung nach nur eine wirkliche Hochgeschwindigkeitsstrecke - nämlich Frankfurt-Köln. An dieser Strecke kann man auch den Förderalismus beobachten. Die Halte Limburg, Montabaur und Siegburg sind Systemhalte, da sonst die Trasse durch die Bundsländer wohl sonst nicht genehmigt worden wäre. Auch frage ich mich, warum JEDER Zug in Nord-Süd-Richtung in Göttingen halten muss.
In Frankreich und Spanien hingegen werden die TGVs/AVEs nicht in diesem Ausmaß zur Strecke gebracht wie in Deutschland und stellen somit eine Konkurenz zum Flugzeug dar.
Während in Deutschland meist Mischverkehr herrscht, werden in Frankreich und Spanien eigene Hochgeschwindigkeitsstrecken gebaut, wo eben nur Hochgeschwindigkeitszüge fahren. Ein Beispiel ist wieder die Verbindung Frankfurt-Paris. Der französische Abschnitt endet kurz vor der dt. Grenze, auch gibt es in Frankreich keinen Halt. An Städten wie Reims und Metz gibt es keine Halte - stattdessen hält jeder Zug in Kaiserslautern. Auch haben die Franzosen bspw. um Lyon eine Umfahrun gebaut, damit der TGV die Verbindung Paris-Marseille in 3 Stunden schafft. Meiner Meinung nach ist der TGV und AVE viel mehr als Konkurenz zum Flugzeug zu sehen als hierzulande der ICE. Auf der Strecke München-Hamburg benötigt der ICE kanpp 6 Stunden - dies ist nicht wirklich wettbewerbsfähig im Vergleich zum Flugzeug.
Auch habe ich das Gefühl, dass insbesondere in den spanischen AVEs wesentlich mehr Ruhe herrscht, als im deutschen ICE. Dies liegt zu einem daran, dass man vor Betreten des Bahnsteiges bereits kontrolliert wird, auch so werden Schwarzfahrer abgehalten.
Auch geht in einem spanischen AVE kein Schaffner ständig durch den Zug geht und fragt, ob jemand zugestiegen ist. Man wurde ja schließlich schon am Bahnhof kontrolliert und kann den AVE nur mit Reservierung fahren. Bei meinen AVE Fahrten stand der Zug immer pünktlich bereitgestellt am Gleis. Auch waren die AVE- Züge immer sehr sauber (außen und innen). Hierzulande sind viele ICEs ja außen sehr verdreckt. Im spanischen AVE bekommt man übrigens Kopfhörer kostenlos am Platz gereicht. Sowas nenne ich Service.
Vergleicht man die Durchsagen im dt. ICE und im spanischen AVE - so habe ich das Gefühl, dass in Spanien nur das Nötigste durchgesagt wird. Eine kurze Begrüßung - dann fährt der AVE meist 2 Stunden ohne Halt, das Ziel wird durchgesagt und das wars. In Deutschland werden teilweise sämtliche Anschlüsse noch auf Englisch durchgesagt und oft Werbung auf das Bordrestaurant oder einen mobilen Serviceverkäufer, der gerade zugestiegen ist, gemacht. Ein Normalreisender im ICE kennt seine Anschlüsse. Wenn der Zug nach Plan fährt, muss man nicht sämtliche Regionalexpresszüge noch durchsagen. In Spanien hingegen hat man im AVE seine Ruhe und kann die Fahrt genießen, da nicht alle 20 Minuten eine Durchsage kommt und ein Schaffner nach der Fahrkarte fragt.
Allem in allem habe ich das Gefühl, dass die Deutsche Bahn das Ziel verfolgt, dass ein ICE quasi wie an RE an möglichst vielen Orten halten muss. Der AVE und TGV sind eher als Konkurrenz zum Flugzeug konzipiert.

Natürlich bin ich mir bewusst, dass Deutschland dichter besiedelt ist als Frankreich oder Spanien und bin mir um die Vorzüge eines integrierten Taktfahrplan bewusst.
Das Managment Hochgeschwindigkeitsverkehrs dürfte in Deutschland um einiges komplizierter sein als in Spanien, da ja hierzulande oft Mischverkehr, d.h. Güter- Regional und Fernverkehr nutzen die selben Gleise herrscht. Die spanische Bahn schickt ihre AVEs losgelöst von jeglichen Anschlüssen über die speziellen AVE-Strecken. Das spanische System ist somit weniger komplex als das deutsche.

Soweit meine persönliche Meinung über die Hochgeschwindigkeitszüge in Deutschland, Frankreich und Spanien - freue mich über Kommentare.

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Tomthebear
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replied 11 years ago

Uhm, ja, ich kann nun nur den ICE(auf deutschem Boden) und den TGV miteinander vergleichen. Schon beim einsteigen fiel mir auf, dass der TGV innen optisch auch wesentlich mehr hermacht, als die ICEs (egal welche Generation). Gut, aber das ist ja Geschmackssache.

Wie florian schon sagte, fahren die ICEs hier fast ausschliesslich auf gemischten Strecken und müssen daher langsamer fahren.
Warum die in Richtung Norden alle über Göttingen fahren müssen, fragte sich wohl auch schon so mancher Lokführer, und hielt in Göttingen einfach mal nicht an ;)

Was mir bei den ICEs immer wieder auffällt, es ist einfach viel kaputt. Da lassen sich Türen nicht öffnen, Klos sind gesperrt, weil kaputt, ich blieb auch schon mehrfach wegen kaputten Triebköpfen ewig irgendwo stehen. Das kann sicher auch anderswo passieren, erlebt hab ichs bisher nur hier.

Auch so organisatorisch kann sich die DB in einigen anderen Ländern ne Scheibe abschneiden. Mein letztes Erlebnis:

ich wollte von München mit dem ICE nach Hamburg fahren. Zug sollte von Gleis 14 gehen, und in Hannover geteilt werden. Ca 20 min bevor er fahren sollte, kam die Durchsage, er fährt heute von Gleis 19. Ok, also dorthin.
5 min vor Abfahrt nächste Durchsage, er fährt von Gleis 14. Auch gut. Dann nächste Durchsage, es fährt nur ein Zugteil. Jetzt brach Panik aus unter all jenen, die nun ihren reservierten Sitzplatz nicht mehr hatten, da im nicht mehr vorhandenen Zugteil. Eine total überforderte DB-Mitarbeiterin sagte nur: Einsteigen, und irgendwo hinsetzen. Ihrem Gesichtsausdruck nach zu urteilen bereute sie ihre Entscheidung für die DB zu arbeiten grade sehr.
Es kam dann statt der Abfahrt des total überfüllten Zuges eine neue Durchsage. Oh Wunder, jetzt soll er doch aus 2 Teilen bestehen. Dieses 2te Teil aufzutreiben dauerte dann noch eine weitere halbe Stunde.

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NatureOne
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replied 11 years ago

In Deutschland gibt's auch noch den ICE Sprinter, allerdings sind diese noch mal mit Extra-Kosten verbunden und die Zeitersparnis von Frankfurt nach Berlin sind etwa 30 Minuten. Dieser fährt allerdings nur zwei mal am Tag. Also auch eher ein Tropfen auf den heißen Stein :D

ICE-Linie 1: Sprinter Hamburg–Köln
ICE-Linie 3: Sprinter Berlin–Frankfurt (Main)
ICE-Linie 4: Sprinter Hamburg–Frankfurt (Main)

Könnte durchaus noch ausgebaut werden :D

In Frankreich bin ich von Lille nach Paris mit dem TGV gefahren und war erfreut, dass er für die Strecke von rund 220 km nur 1 Stunde brauchte :)
In Italien bin ich mit dem FA AV gefahren und der ist etwa mit dem ICE zu vergleichen würde ich sagen. Von Rom nach Bari brauchte er etwa 4 Stunden. Davon war ich jetzt auch nicht so begeistert, da der Platz am Tisch sehr begrenzt war. Da war mir der ICE noch lieber. Allerdings soll der FR AV von (Turin) Mailand nach Rom ganz gut sein.

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florian
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replied 11 years ago

auf meinen Fahrten mit ICEs in Deutschland habe ich auch schon einiges erlebt. Im Ausland ist bei meinen Fahrten in Hochgeschwindigkeitszügen immer alles reibungslos verlaufen. Aber das kann auch daran liegen, dass ich in Deutschland wesentlich öfters Bahn fahre :)
In Italien bin ich noch nicht Hochgeschwindigkeitszug fahren. Aber das ändert sich hoffentlich bald.

Wie Tomthebear eben schon sagte habe ich auch den Eindruck, dass bei den ICEs in Deutschland mehr (kleinere Pannen sind).
In meinem Heimatbahnhof Würzburg sehe ich eigentlich täglich Anzeigen wie: Zug verkehrt heute in umgekehrter Wagenreihung, Ersatz IC für ICE ohne Reservierung etc.
Sowas habe ich in ausländischen Bahnhöfen noch nicht erlebt.

Das die DB mit den ICE 3 Mehrsystemfahrzeugen Probleme hat, zeigen die Verbindungen Frankfurt-Paris oder Frankfurt-Amsterdam. Zunächst wurde die Verbindung Frankfurt-Paris ausschließlich mit ICEs gefahren. Aufgrund von höheren Wartungsintervallen wurde ein ICE-Umlauf mit TGV ersetzt, ab 2014 wird noch ein TGV von der SNCF angemietet. somit werden in 2014 zwei der fünf täglichen Verbindungen mit dem TGV gefahren.
Wenn man sich die Verspätungsstatistik der Verbindung Amsterdam-Frankfurt ansieht, so fallen da auch sehr häufig Züge aus oder haben eine erhebliche Verspätung. Auch gibt es auf der Linie oft Busersatzverkehr. Das ist dann nicht der IC-Bus sondern der neue ICE-Bus :)

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florian
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replied 11 years ago

was ich noch schreiben wollte: Ein besonderes Fahrerlebnis ist die Strecke Barcelona-Sevilla in ca. 5 Stunden legt der AVE die 1.200km lange Strecke ausschließlich auf speziellen Hochgeschwindigkeitsgleisen zurück und umfährt dabei sogar Madrid. Die Geschwindigkeit von 300km/h wird dabei über Stunden konstant gehalten.

Auch habe ich gehört, dass die spanische RENFE auf der Strecke Madrid-Sevilla bei einer Verspätung über 7 Minuten den kompletten Fahrpreis zurückzahlt.

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Flo
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replied 11 years ago

Bei solchen Vergleichen zwischen teils doch sehr unterschiedlichen Systemem sollte man meiner Meinung nach recht vorsichtig sein.

So dürfte es für die RENFE ungleich leichter sein, die Pünktlichkeitswerte ihrer AVE derartig hoch zu halten, wenn das ein komplett vom anderen Verkehr abgetrenntes System ist - anders als zB in Deutschland. Natürlich gibt es einzelne Züge, die auf die Breitspur weiterfahren und eventuell von dort Verspätung mitbringen, dort gibt es aber auch derartige Pünktlichkeitsgarantien meines Wissens nicht - und im Zweifelsfall hat wohl der (schnellere) AVE Vorrang.
Auch dürften die Fahrzeiten eher viel Spielraum zulassen, Madrid - Sevilla fährt man zB nonstop in 2h20, was bei 471,8km Streckenlänge einen Schitt von 202,2 km/h ergibt, was bei einer Höchstgeschwindigkeit von 300 km/h jetzt auch nicht so herausragend ist (nicht die ganze Strecke gibt die 300 km/h her, kann mich gut an meine Überraschung erinnern, als ich dort das erste Mal unterwegs war und wir durch Puertollano geschlichen sind...hab grade geschaut, dort sind nur 65 km/h erlaubt).

Was eh schon erwähnt wurde sind die unterschiedlichen topografischen und demografischen Gegebenheiten...die Spanier treiben es ja auf die Spitze und bauen teilweise abenteuerliche Strecken mit elendslangen aufwändigen Kunstbauten, die auch nicht gerade billig sind...mittlerweile wurden dort ja auch schon zum Glück viele aufwändige Projekte wieder zusammengestutzt weil kein Geld (mehr) da ist.
Blöd ist dann auch, wenn die Bevölkerung das neue, schnellerer aber teurere Angebot nicht nutzen kann/will, wie es dem Vernehmen nach auf der neuesten Strecken nach Alacant der Fall ist.

Auch in Frankreich hat man ja die großen Pläne auf Eis gelegt und will sich in nächster Zeit eher auf den Regional- und Nahverkehr konzentrieren - gerade die abseits der LGV gelegenen Strecken haben ja teilweise einen großen Aufholbedarf hinsichtlich Infrastruktur und Rollmaterial.

Das sieht man ja teils auch in Italien - die Frecce sind natürlich das blitzsaubere Hochglanzprodukt, abseits der Hochgeschwindigkeitsstrecken schaut es dann schon wieder anders aus.

Um noch kurz auf die Züge selbst zurückzukommen.
Die AVE sind natürlich schon fein, durch das Konzept mit Check-in hat man natürlich auf der Fahrt selbst keinen Stress mehr. Dafür muss ich dann entsprechend früh da sein, anstellen etc...das kann in Atocha schon mühsam sein. Da hab ich es lieber, wenn ich fünf Minuten vor Abfahrt da bin und einfach auf den Bahnsteig gehen kann.
Gilt natürlich nur abgeschwächt auf Unterwegsbahnhöfen. Da kann man sich dann eher über die Sicherheitskontrollen amüsieren, die man sehr billig umgehen kann, wenn man denn will. :P

In Italien war ich noch nie mit den Frecce unterwegs, kann dazu also wenig sagen.

Die TGV kommen mir irgendwie so wie ein Mittelding zwischen ICE und AVE vor - etwas schmuddelig, vor allem die älteren Garnituren und die Lacroix, aber immer noch stilvoll irgendwie.
Frankreich hat auch ein Superkonzept meiner Meinung nach, mit dem Weiterführen der TGV auf die Altstrecken, um möglichst vielen Gegenden Anschluss an den HGV zu geben.
Großer Nachteil dabei (ähnlich wie in Spanien) die Ausrichtung auf Paris; bis auf ein paar TGV Province - Province sind die Querverbindungen eher vernachlässigt (gut, Rhin-Rhone gibt es jetzt auch).

ICE finde ich prinzipiell schon angenehm, als Gelegenheitsfahrer fallen mir auch die falschen Reihungen, Ersatzzüge usw nicht so markant auf. Hab meistens keine Probleme gehabt...nur im Sommer mal Hamburg - Köln im Ersatzzug, zwar 1. Klasse aber eigentlich wollte ich in den Speisewagen.

Das mal nur so auf die Schnelle, ist schon spät. Schweden zB sollte man auch noch kurz erwähnen...