Zug an der Grenze in Kulata
Wie man noch vor einigen Jahren direkt zwischen diesen beiden Städten fahren konnte, darüber berichtet Flo in diesem Blog. Ich nehme euch heute auf die Reise in der umgekehrten Richtung von Sofia nach Thessaloniki, bitte festhalten, es kann ein wenig holprig werden!
Fahrplan
Wie schon angedeutet: leider gibt es aktuell KEINE direkten Züge zwischen diesen beiden Städten. Ok, doch. Einen Nachtzug pro Woche, der aus Bukarest kommt und nur freitags fährt. (Abfahrt 23 Uhr in Sofia, Ankunft 0631 Uhr in Thessaloniki.). Eine Reservierung für den Liegewagen kostet 9,40EUR. Meist passt dieser Zug aber nicht in den Plan, so wie in meinem Fall, als ich an einem Sonntag fahren wollte. Möchte man tagsüber fahren, so muss man quasi zwei Mal umsteigen. Erst geht es per Regionalzug (Zug-Nr. 361, Abfahrt 1530 Uhr) nach Kulata (an der Grenze). Von dort mit einem Minibus zur Passkontrolle und nach Strimon (Griechenland). Dort wartet man recht lange und fährt dann mit dem Nachtzug/Nacht-Intercity (aus Alexandroupoli kommend) Richtung Athen bis nach Thessaloniki mit. Dieser verkehrt seit 2019 ungünstigerweise auch noch eine Stunde später, als hier: https://rail.cc/de/nachtzug/alexandroupolis-athen-t-601/487 angegeben. Somit kommt man erst um 23 Uhr abends in Thessaloniki an.
Stand: 2020
Bahnof Sofia Central: Startpunkt der Reise nach Griechenland
Innenraum vom Bahnhof Sofia Central
Tickets
Fahrkarten für diese Verbindung kann man nur vor Ort kaufen. Meine Vermutung ist, dass man in Bulgarien am Schalter einen Fahrschein bis Kulata bekommt, in Griechenland von Strimon bis Thessaloniki bekommt man den Fahrschein im Zug beim Schaffner. Im Minibus wurde mein Interrail-Pass nicht kontrolliert, sicher das alternative Ticket auch nicht. Mit Interrail fährst Du kostenlos auf der ganzen Strecke. Interrail-Pässe kannst Du hier kaufen.
Bahnhof Sofia Central mit den Fahrkartenschaltern in der Bildmitte
UPDATE: Reservierungspflicht
Die noch im Blog von Flo beschriebene Reservierungspflicht gibt es heute nicht mehr. Eigentlich auch fair, wenn es keinen direkten Zug gibt. Im Zug Sofia-Kulata kann man allerdings reservieren, wenn man möchte. Macht aber meiner Meinung nach wenig Sinn.
Im Nachtzug Bukarest-Sofia-Thessaloniki zahlt man 9,40EUR für eine Reservierung im 6er Liegewagen, 14 Euro im 4er Liegewagen der rumänischen Staatseisenbahn.
Platz für mögliche Reservierungen
Teil 1: Von Sofia nach Kulata
Punkt um 15 Uhr nachmittags (EDIT: im
Fahrplan 2020 halb vier) fährt der Zug 361 Richtung Kulata. Fragt
man am Schalter nach dem Zug nach Thessaloniki, wird einem entweder
gesagt, es gäbe keinen oder es wird auf diesen Zug verwiesen. Bitte
schau Dir unbedingt das Foto von der Anzeigetafel an und die
kyrillischen Buchstaben. Diese werden nämlich in Bulgarien verwendet
und es schadet nicht, wenn man sich grob damit auskennt. Am Bahnhof
wechselt sie zwischen beiden Buchstabenformen hin und her. Kulata
steht hier an erster Stelle:
kyrillische Lettern in Bulgarien
Der Zug besteht nur aus zwei Waggons, die auf meiner Fahrt nicht einmal voll werden.
durch die Unterführung gelangt man vom Hauptgebäude zu den Abfahrtsgleisen
nur zwei Waggons mit Rangierlok für den Zug Sofia-Kulata
Der eine Waggon sieht erste-Klasse-ähnlich aus, ist aber trotzdem 2. Klasse, wie der andere Waggon auch. Ansonsten gibt es hier nichts Spektakuläres. Ich nehme im "richtigen" 2. Klasse-Waggon Platz.
1. Klasse- ähnlicher Waggon, eigentlich auch 2. Klasse
2. Klasse- Waggon
2er Sitz im Zug Sofia-Kulata-Thessaloniki
4er Stiz mit festem Tisch
Mit einer Art Rangierlok geht es durch die Rhodopen auf einer landschaftlich ganz schönen Fahrt nach Kulata, hier einige Impressionen:
Blick auf das Rila-Gebirge beim Verlassen von Sofia
wir streifen eine Stadt auf der Fahrt von Sofia nach Kulata
auf der Fahrt sieht man viele Felder
auf dem Weg mit dem Zug von Sofia nach Thessaloniki
die großen Berggipfel nähern sich
eine orthodoxe Kirche
eine weitere Stadt, die man auf der Fahrt sieht
es wird trockener, je
weiter man ins Gebirge vordringt
Nach etlichen Zwischenhalten
und einigen auffälligen Langsamfahrstellen, wo teilweise auf
Schrittgeschwindigkeit heruntergebremst wird, erreichen wir Kulata.
Langsamfahrstelle mit Ausblick hinten im Zug
Wir haben leicht, etwa 10 Minuten, Verspätung. Es ist ca. halb sieben abends, im Fahrplan 2020 kommt der Zug 361 um sieben in Kulata an.
Diese Verbindung findet man übrigens auch problemlos in der DB Navigator App oder auf der Website.
mit dem Zug aus Sofia angekommen in Kulata, rechts der Bahnhof
Teil 2: mit dem Minibus über die
Grenze von Kulata nach Thessaloniki
Angekommen in Kulata steigt man in einen 20-Personen-Minibus um. Nur ein gutes Dutzend will nach Griechenland weiterfahren, zur Not gäbe es glaube ich auch noch einen zweiten Bus. Wenn ich mich recht erinnere, wird man am Bahnhof in Kulata direkt zum Minibus gewiesen, sodass man ihn nicht verfehlen kann. Abgesehen davon ist der Bahnhof eine Art Dorfbahnhof. Stress besteht in keinster Weise.
der Masse folgen zum Minibus nach Griechenland
Minibus für die Fahrt nach Strimon
Der Bus wartet auch noch ein paar Minuten, sodass man sicher eine Zigarette rauchen könnte bzw. noch einen Snack kaufen- ein paar Einheimische stehen mit ihren Waren am Bahnhof.
Gut beraten ist man allerdings, wenn man sich die allernötigsten Dinge in eine Tüte packt, denn den Rucksack oder Koffer soll man im Kofferraum des Busses verstauen. Wenigstens etwas zu trinken sollte man schon dabei haben, denn auf unserer Fahrt Ende Juli war es recht heiß und je nachdem wie lange man an der Grenze wartet, kann es eine Weile dauern.
der Bus wartet noch ein paar Minuten am Bahnhof
Die Fahrt dauert je nach Grenzkontrolle ca. 40 min, wir warten vielleicht 15 min an der Grenze. Dort werden die Reisepässe kurz eingesammelt und dann wieder ausgeteilt. Den muss man auch unbedingt vorher aus dem Koffer nehmen! Denn beide Länder sind zwar in der EU, aber nicht im Schengen-Raum – erst der ermöglicht kontrollfreie Reisen.
Grenze zwischen Bulgarien und Griechenland
Grenzkontrollen zwischen Bulgarien und Griechenland
Über eine recht gute Straße, man könnte sagen Autobahn, fährt man weiter über das Gebirge. Ab und an sieht man daneben die Bahnstrecke, die in diesem Abschnitt nicht elektrifiziert ist und sogar ein wenig zugewachsen aussieht. Ich frage mich deswegen sogar, ob denn der Nachtzug - der einzige Personenzug- überhaupt noch fährt. In Strimon (griechisch: Strimonas) hält der Bus gut 100m vor dem Bahnhof. Auch dieser Bahnhof ist wieder sehr klein. Er hat immerhin einen klimatisierten Warteraum, der auch gleich von Nöten sein wird!
mit dem Bus über die Grenze auf der Fahrt von Sofia nach Thessaloniki
angekommen am Bahnhof Strimonas
Teil 3: Von Strimon nach Thessaloniki (und optional nach Athen)
Angekommen in Strimon kommt sogleich große Enttäuschung auf. Man sagt uns, dass der nächste Zug erst um 22 Uhr abends fahren soll. Dabei ist es gerade erst kurz nach 19 Uhr. Also 3 Stunden warten?
Ich hatte eigentlich gedacht, dass es 1935Uhr mit dem Nachtzug Richtung Athen weitergeht. Na so ein Mist;)
Was also tun in dieser Zeit? Ich aß zuerst mal mein Abendbrot. Andere Reisende machen sich auf zu einem Supermarkt, der empfohlen wurde. Als sie zurückkommen meinen sie aber, er sei geschlossen. Es ist ja auch Sonntag. Ich schaue mich ein wenig an diesem kleinen Bahnhof um. Es gibt eine kleine Kapelle, den schon angesprochenen Warteraum und wenigstens einen ansehnlichen Sonnenuntergang.
warten am Bahnhof Strimon/Strimonas
Bahnhofsgebäude Strimon
kleine Kapelle in Strimon
get ready for the sunset!
wunderschöner Sonnenuntergang über den Rhodopen
Als ich später noch einmal nachfrage, heißt es, 21 Uhr käme der nächste Zug. Fahrplanmäßig weiß ich nicht so recht, wo mir der Kopf steht! Ist aber auch egal. Auflösung folgt später. Und immerhin haben solche langen Umsteigezeiten auch etwas Positives an sich – ich lernte Laura, Melina und Jeanne aus der Schweiz kennen. Wie sich herausstellte, sollten wir in Thessaloniki zufällig im gleichen Hostel einchecken und auch in Skopje kreuzten sich unsere Wege wieder, dann aber planmäßig. Wir verbrachten also schöne Tage miteinander, ich hatte mal wieder Mitreißende für einen Teil des Weges gefunden- eine Geschichte, wie sie nur Interrail schreibt. Etwa Viertel zehn fuhr der Dieselzug ein. Er ändert in Strimonas die Fahrtrichtung und braucht dann noch etwa 2 Stunden nach Thessaloniki.
man geht erst kurz vor Einfahrt des Zuges zum Bahnsteig, weil dieser sehr schmal ist
der Dieselzug nach Thessaloniki/Athen fährt ein
Er fährt als Nachtzug weiter nach Athen, Ankunft dort früh um 5. Da es aber keine Liegemöglichkeiten gibt, würde ich davon dringend abraten. Der Zug hat diesmal 1. (grüne Sitze) und auch 2. Klasse (blaue Sitze). Als Interrailer werden wir aus irgendeinem mir nicht verständlichen Grund in die 1. Klasse mit den weichen Sesseln beordert, vielleicht als Entschädigung.
2. Klasse-Waggon im Zug nach Thessaloniki
2. Klasse-Sessel
Kleines Special: Man kann die Sitze drehen. Man sollte sie aber bitte nur entweder in Fahrtrichtung oder gegen die Fahrtrichtung drehen, denn sonst missfällt das dem Schaffner. Rein theoretisch kann man so direkt aus dem Fenster schauen oder aber sich über den Gang hinweg unterhalten. Aber wie gesagt: bei mir kam der Schaffner und versuchte verständlich zu machen, dass das nicht erwünscht ist.
1. Klasse-Einzelsitze auf einer Seite
1. Klasse- 2er-Sitze auf der anderen Seite
drehbare Sitze, hier gegenübergestellt
Sitze in Blickrichtung zur anderen Reihe gedreht: wird vom Schaffner nicht gern gesehen
Der Zug hat übrigens einen Speisewagen, vielleicht auch nur Bistro-Wagen. Über das Angebot kann ich nichts Genaues sagen. Ein Kaffee wird sicher zu haben sein. Allerdings schließt er gegen 22 Uhr.
Speisewagen im Zug Alexandroupoli-Thessaloniki-Athen
Speisewagen-Sitzbereich im Zug Alexandroupoli-Thessaloniki-Athen
Als sich unsere Fahrt dem Ende nähert, suche ich nochmal den Schaffer um mir eine Bestätigung über die Verspätung zu holen. Völlig überrascht meint er, es gäbe doch gar keine. Er erklärt mir weiterhin, dass der Zug seit kurzer Zeit planmäßig eine Stunde später verkehre. Ich mache mir daraufhin meinen eigenen Reim zu diesem Kuddelmuddel: Früher fuhr der Zug 1935 Uhr ab Strimon, heute ist es möglicherweise 21 Uhr. In unserem Fall mit vielleicht 15 Minuten Verspätung. Ankunft in Thessaloniki dann 23 Uhr statt früher 2222 Uhr. Vielleicht fährt der Zug auch planmäßig 2035 Uhr ab und hatte mehr Verspätung als ich angenommen hatte. Ich kann es ehrlich gesagt nicht genau sagen. Leider finde ich aktuell auf der Website der gr. Staatsbahn TrainOSE keine Informationen.
Wir kommen also kurz vor halb 12 in Thessaloniki an. Diese Stunde plus macht es leider schon unattraktiv, dass muss ich ehrlich zugeben. Aber was solls. Der Zug steht hier 20-30 Minuten, wechselt die Lok, weil es ein Kopfbahnhof ist und fährt dann weiter nach Athen (Ankunft ca. 5 Uhr morgens).
Ankunft in Thessaloniki. Offenbar kann man mit dem Auto auf den Bahnsteig fahren.
Thessaloniki ist ein Kopfbahnhof
Ankunft in Thessaloniki nach der Fahrt aus Sofia
Gemeinsam mit den drei Schweizerinnen suche ich den Weg zum Hostel "Studios Arabas", was ich sehr empfehlen kann. Dieses und andere Hostels/Hotels/Unterkünfte kannst Du hier auf hostelworld oder auf booking.com buchen. Das Hostel liegt in der Oberstadt von Thessaloniki, ein Stück auf dem Berg, etwa 25 Gehminuten vom Bahnhof entfernt. Es hat eine Küche und grundsätzlich freundliches Personal, abgesehen davon, dass mir am letzten Tag nach dem Check-Out eine Dusche verwährt geblieben ist (obwohl ich immerhin 4 Tage dort war). Ich wollte erst abends mit dem Nachtzug Richtung Skopje/Belgrad abreisen.
Fazit
Mein Fazit: Nicht gerade schnell, aber dafür Interrail. So ist das eben. Trotz mehr als 8 Stunden Fahrzeit sieht man doch einiges von der Landschaft bei sicherlich fast immer schönem Wetter. Wie lange ein Bus gebraucht hätte, weiß ich nicht. Aber da man hier mit dem Interrail-Pass kostenlos mitkommt, war das sowieso nie eine Option;) Nichtsdestotrotz ist es natürlich klar, dass diese wie viele andere Verbindungen auf dem Balkan dringend ein "Upgrade" gebrauchen könnte. Abgestimmte Anschlüsse wären das Mindeste, schöner wäre ein Direktzug (vielleicht wenigs in den Sommermonaten) oder eine Durchbindung nach Athen. Besonders cool wäre eine Elektrifizierung zwischen Strimon und Kulata, sodass man generell (wieder) mehr (und einfacher) grenzüberschreitenden Verkehr anbieten könnte und die Lokwechsel entfallen. Man darf ja noch träumen!
Bahnhofshalle Thessaloniki ein paar Tage später
Bahnhof Thessaloniki bei Tageslicht
Falls Du in den nächsten Jahren diese Verbindung fährst, berichte mir doch gern mal Deine Erfahrungen:) Bei Planung Deiner Interrail-Tour oder einer anderen Zugreise stehen das rail.cc-Team und ich Dir gern in unserem Forum zur Seite! Hier noch einmal die Website für Interrail-Pässe. Nutzt Du diesen Link für den Kauf, bekommen wir von rail.cc/raildude.com eine kleine Provision als Belohnung für unsere kostenfreien Inhalte. Der Preis bleibt gleich und wir bedanken uns bei Dir!
Posted 2 years ago
Tobi
Traveller
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yogimax
Traveller
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Mit dem Bus wäre es schneller, weil fast die gesamte Strecke in den beiden Ländern ist Autobahn. Direkter Zug nach Thessaloniki gab es vor Corona, regelmäßig. Bulgarien hat seinen Abschnitt ja elektrifiziert, bin überrascht, dass Griechenland es nicht eletrifiziert hat und der Bahnhof Strimon erinnert mehr an bulgarische Bahnhöfe als an europäische. In Bulgarien wurden aber fast alle Strecken noch im Sozialismus elektrifiziert.